Wissenschaftler suchen Schmierstoffe der Zukunft
Rund 700 000 Tonnen Schmierstoffe wurden in den vergangenen Jahren alleine in Deutschland eingesetzt. Um die hochspezialisierten Hilfsmittel nachhaltiger zu machen, hat das Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit weiteren Partnern im Projekt „PHAt“ an einem Verdickungs- und Bindemittel auf Basis von Polyhydroxyalkanoate geforscht.
Wenn Maschinen aller Art buchstäblich reibungslos funktionieren und gleichzeitig vor übermäßigem Verschleiß und Korrosion geschützt werden, kommen teils hochspezialisierte Schmierstoffe zum Einsatz. So unverzichtbar sie in vielen Bereichen sind, aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung sind sie oft nicht ganz unbedenklich.
Dekarbonisierung auch bei Schmierstoffen und Gleitlacken
Schmierstoffe oder Gleitlacke basieren in weiten Teilen auf Erdöl und müssen damit aus einem zeitgemäßen Blickwinkel der Nachhaltigkeit in ihrer Produktion und ihrer Entsorgung hinterfragt werden. Hier gibt es – trotz des mittlerweile erreichten technischen Niveaus von Bio-Schmierstoffen – noch erhebliche Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf den CO2-Footprint und die Produktkosten.
Das Fraunhofer-Institut für Umwelt‑, Sicherheits- und Energietechnik – kurz: Fraunhofer UMSICHT – arbeitete im Projekt „PHAt – Polyhydroxyalkanoate als Verdickungs- und Bindemittel in technischen Schmierstoffen“ mit weiteren Partnern dreieinhalb Jahre an einer umweltverträglichen Lösung. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Im Fokus stand die Entwicklung innovativer Verdickungs- und Bindemittel auf Basis biotechnologisch hergestellter Polyhydroxyalkanoate (PHA). Angestoßen wurde das ehrgeizige Vorhaben im Rahmen des durch die Industrielle Biotechnologie Bayern Netzwerk GmbH geleiteten Kooperationsnetzwerks „BioPlastik“.
Vielversprechende Ergebnisse gesammelt
„Mit PHAt haben wir in den letzten Jahren vielversprechende Ergebnisse gesammelt“, erklärt Dr. Inna Bretz, Abteilungsleiterin Zirkuläre und Biobasierte Kunststoffe am Fraunhofer UMSICHT. „Umso mehr freue ich mich, dass wir die Arbeit nun mit PHAtiCuS fortsetzen können.“ Die Aufgabenstellung von PHAt lautete, PHA als Verdickungsmittel in einem vorzugsweise biologischen Schmiermittel zu nutzen, auf PHA-Basis Verdickersysteme für konsistente Schmierstoffe zu entwickeln und PHA als Bindemittel für Gleitlacke auf Polymerbasis zu verwenden. Dabei sollten die Eigenschaften der innovativen Additive denen konventioneller Verdicker mindestens gleichwertig entsprechen.
Um diese Ziele zu erreichen, stand am Anfang des Projektes die präzise Definition der für Schmierstoffe insgesamt relevanten technischen Eigenschaften, die demnach auch von neuen PHA-basierten Produkten zu erfüllen waren. Es folgten erste grundlegende Tests der Kompatibilität von PHA mit herkömmlichen Grundölen, die eine Einschätzung elementarer Herausforderungen ermöglichten und schnell deutlich machten, dass eben diese Kompatibilität nicht ausreichend gegeben und eine chemische Modifikation der PHA notwendig war.
Sowohl im Bereich der Verwendung von PHA in Gleitlacken als auch in der Kombination modifizierter PHA mit bestimmten Grundölen lieferte „PHAt“ schließlich optimistische Ergebnisse hinsichtlich der Kompatibilität und des gewünschten Verdickungseffekts.
Neues Projekt setzt die bisherige Leistung fort
Zum Ende der Projektlaufzeit wurde deutlich, dass das übergeordnete Ziel zwar schon in Reichweite ist. Doch noch sind weitere Forschungsarbeiten nötig, um biobasierte Polymere in Schmierstoffen und Gleitlacken zu markt- und konkurrenzfähigen Produkten weiterzuentwickeln.
Entsprechend wendet sich der Blick der Forschenden jetzt auf das Anschlussprojekt. Die Fortsetzung von „PHAt“ trägt den Namen „PHAtiCuS“ (kurz für „Polyhydroxyalkanoate als Verdickungs- und Bindemittel zur Verwendung in technischen Anwendungen wie Beschichtungen/Coatings und Schmierstoffen“) und ist mit einer Laufzeit von drei Jahren bis Ende März 2024 geplant.